Architektur
aer / Fritz-Schäffer-Strasse 9 / München-Neuperlach / D
Haltung

Wenn

– wir die Frage der sozialen, ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit als wichtigsten Ausgangspunkt anerkennen;

– wir radikal auf das Bestehende vertrauen;

  • – nicht nur auf das Gebäude, das schon da ist, sondern auch auf die Menschen, die schon da sind;
  • – wir weiterbauen auf der grossen Vision der 1960er Jahre, mit einem Städtebau und einer Architektur, die das Potenzial haben, sich  an neue Bedürfnisse und Wünsche anzupassen;
  • – wir einen solitären, monofunktionalen Bürobau neu erfinden als offenen, gemischt genutzten Stadtbaustein;
  • – wir anerkennen, dass das Gebäude heute Mängel aufweist, die wir auf der Grundlage aller vorhandenen Erfahrungen und Erkenntnisse gemeinsam verbessern können;
  • – wir das bestehende Gebäude als Ganzes betrachten, wobei jeder Teil von Bedeutung ist;
  • – wir fast nichts abreissen;
  • – wir mit dem Bau auch die Natur erhalten und einfach nichts zerstören, was über Generationen gewachsen ist;
  • – wir auch für die Erweiterung mit starken Grundformen weiter bauen, so dass wir nicht nur das Material, sondern auch die Haltung wiederverwenden;
  • – wir das Gewohnte wirklich verlassen und innovativer denken als je zuvor.

 

Dann liegt die Zukunft im Bestand

Städtebauliches Konzept

Neuperlach – eines der größten deutschen Stadterweiterungsgebiete der Nachkriegszeit – liegt eine starke Vision zu Grunde. Die Schaffung von Wohnraum, ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen, eine gerechte Bodenpolitik und gute Lebensbedingungen für alle waren die Grundlagen dafür und führten in der räumlichen Umsetzung zu einer eigenen städtebaulichen und typologischen Logik sowie einer großen Bedeutung und Gestaltung der Freiräume. Die Bedarfe und Aufgaben sind heute ähnlich, noch drängender jedoch als damals ist die Notwendigkeit eines haushälterischen Umgangs mit vorhandenen Ressourcen. Der Bestand wird somit zur Ausgangsbasis für das Zukünftige.

Der Solitär als Typus eingebettet in einen Freiraum ohne Grundstücksbindung sind räumliche Potenziale, welche auch den aktuellen sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen begegnen können. Die Stadt wie ein Haus und das Haus wie eine Stadt nach Aldo van Eyck ist eine Haltung, welche wir gerne hier implementieren möchten, um das Grundkonzept weiterzuentwickeln.

Der Freiraum als verbindendes Element für unser Zusammenleben hat die Kapazität und Großzügigkeit, neue Bedürfnisse und Nutzungen nicht nur für den Menschen, sondern auch für Fauna und Flora im Sinne der Kohabitation aufzunehmen. Um dies zu erreichen bedarf es einer Transformationsstrategie, welche die vorhandenen Potenziale aufgreift und weiterentwickelt, aber auch heute Überkommenes neu interpretiert.

Zum Überkommenen zählt das Leitbild einer autogerechten Stadt. Die Straßenräume Neuperlachs als öffentliche Freiräume zurückzugewinnen ist eine der großen Chancen der Gegenwart.

Architektur

Mit dem Projekt schaffen wir Wohnungen für Menschen mit diversen Lebensentwürfen und mit unterschiedlichem Gemeinschaftssinn. Gleichzeitig entstehen Räume, die sich zum Quartier öffnen und kulturelle Reibungsflächen bieten. Wir erzeugen Atmosphären und Möglichkeiten für die Hausgemeinschaft und das Quartier, die – wie
Neuperlach – beweglich sind und angeeignet werden können.

Der Zugang zum Haus stellt sich je nach Tageszeit und Weg, den man wählt, gänzlich anders dar. Die BewohnerInnen nutzen mehrere Räume und Plätze, privat oder gemeinsam, die über das Gebäude verstreut sind. Jeder hat die Wahl: sich zu engagieren oder sich zurückzuziehen. In diesem großen Haus gibt es viele Möglichkeiten, von A nach B zu kommen. Es gibt Vordertüren und Hintertüren, offene Durchgänge und Passagen.

Die maximale Wiederverwendung das bestehende Gebäude ist die Leitidee für das Tragwerkskonzept. Die Konstruktion folgt dabei einer logischen Abstufung: Das Betontragwerk im Bestand wird mit neuen Betonkernen verstärkt. Darauf liegen in den Transfergeschossen Fachwerkträger aus Stahl auf. Auf diesen wird ein Holztragwerk für den vertikalen Erweiterungsaufbau aufgebaut.

Durch die Entscheidung für Holz ist das Tragwerk der vertikalen Erweiterung deutlich leichter als ein herkömmliches Tragwerk, was nicht nur die Lasten für die Fundamente reduziert, sondern auch eine effizientere Dimensionierung der Fachwerke auf den beiden Transfergeschossen ermöglicht.

Verfasser
Studio Urbane Strategien, noAarchitecten, Eipert Winter Architekten, Planstatt Senner
Auftraggeber*in
Hines Immobilien GmbH
Zeitraum
2022
Fläche
3,3 ha, ca. 70.000 qm BGF
Programm
Mischnutzung aus Wohnen, Büros, sozialen Einrichtungen, Gastronomie
Verfahren
Städtebaulicher und Landschaftsplanerischer Realisierungswettbewerb im kooperativen Verfahren, Einladung

Studio Urbane Strategien GmbH

Leipziger Platz 2
70197 Stuttgart

 

Prof. Dr. Martina Baum
Vertr.-Prof. Dipl.-Ing. Markus Vogl

Freie Architekten & Stadtplaner BDA

 

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Tel. 0711 31 55 03 93

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Universität Stuttgart, SuE: Lehrstuhl für Stadtplanung und Entwerfen